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Wettbewerbsverbot – Karenzentschädigung
Die gesetzlichen Vorschriften zum Wettbewerbsverbot finden Sie hier
Wettbewerbsverbot im laufenden Arbeitsverhältnis
Ein Arbeitnehmer ist aufgrund seines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich verpflichtet, sich des Wettbewerbs zu seinem Arbeitgeber zu enthalten. Er darf also auch nicht ohne Zustimmung seines Arbeitgebers für einen Mitbewerber / Konkurrenten tätig werden.
Nach einer neueren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gilt dieses selbst dann, wenn es an einer ausdrücklichen Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag fehlt. Das Wettbewerbsverbot wird aus § 60 I HGB bzw. neuerdings aus § 241 II BGB abgeleitet (BAG, Urteil vom 20.09.2006, 10 AZR 439/05).
Ein Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern allerdings nicht jede Nebentätigkeit für einen potentiellen Konkurrenten verbieten. Die Nebentätigkeit muss einen sogenannten Wettbewerbsbezug haben. Entscheidend ist, in welcher Art und Weise der Arbeitnehmer seiner Nebentätigkeit nachgehen will. Kriterien für ein Wettbewerbsverbot sind:
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kommt es zu Überschneidungen bei den verschiedenen Tätigkeiten oder geht es um unterschiedliche Tätigkeiten |
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Kundenkontakt |
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Verwechselungsgefahr - für wen wird gerade gearbeitet? |
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Kundengewinnung |
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Verwendung von firmenspezifischen Fähigkeiten, Kenntnissen oder Erfahren für den Wettbewerber |
Nach diesen Kriterien besteht bei einer Teilzeitarbeit einerseits und einer Nebentätigkeit, die keine besondere Qualifikation erfordert, kein Wettbewerbsverbot (BAG, Urteil vom 24.03.2010, 10 AZR 66/09).
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet diese Pflicht. Will der Arbeitgeber auch zukünftig eine Wettbewerbstätigkeit seines ehemaligen Arbeitnehmers verhindern, so bedarf es der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Als Rechtsgrundlage für eine solche Vereinbarung zieht die Rechtssprechung die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB (Handelsgesetzbuch) heran. Besonderheiten gelten für bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel Auszubildende, freie Mitarbeiter oder Organmitglieder.
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bedarf zu seiner Wirksamkeit bestimmter Voraussetzungen. Das sind:
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Schriftform (Gegenstand des Verbots, räumlicher Geltungsbereich, zeitlicher Umfang, Entschädigungszusage) |
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Höchstdauer zwei Jahre |
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Zahlung einer Entschädigung (Karenzentschädigung) |
In der Praxis werden Wettbewerbsverbote meist gleich im Arbeitsvertrag bzw. einer Zusatzvereinbarung getroffen oder aber in einem Aufhebungsvertrag vereinbart. Grundsätzlich ist es auch möglich, eine Wettbewerbsverbot in einem Vorvertrag zu vereinbaren. Stets bedarf es jedoch der Schriftform. Alle wesentlichen Teile der Vereinbarung müssen schriftlich fixiert werden und es muss ein unterschriebenes Exemplar dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Aus der Vereinbarung muss hervorgehen, was genau der Arbeitnehmer zu unterlassen hat. Für welchen räumlichen Bereich das Verbot gelten soll (regional, national oder international). In zeitlicher Hinsicht darf das Wettbewerbsverbot höchstens für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Schließlich ist ein Wettbewerbsverbot nur dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung (Karenzentschädigung) zugesagt wird.
Karenzentschädigung - Berechnung der Höhe
Die Karenzentschädigung muss mindestens 50% der letzten Bezüge (einschließlich eventueller Gratifikationen, Sonderzuwendungen, Tantiemen oder private Dienstwagennutzung) betragen, kann aber höher sein. Bei einem fixen Gehalt ist für die Karenzentschädigung auf die Hälfte des letzten Monatsgehalts abzustellen. Bei einer variablen Vergütung bemisst sich die Karenzentschädigung dagegen nach dem hälftigen Durchschnitt der Vergütung in den letzten drei Jahren. Bei einem aus fixen und variablen Teilen zusammengesetzten Gehalt ist die Karenzentschädigung für die beiden Teile gesondert zu ermitteln und dann zusammenzurechnen. Hat sich die Vergütung zuletzt vermindert - etwa aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit - so berechnet sich die Karenzentschädigung nach der geminderten Vergütung (BAG, Urteil vom 22.10.2008, 10 AZR 360/08).
Nichtiges Wettbewerbsverbot - für beide Parteien unwirksam
Fehlt die Entschädigungszusage, so ist das Wettbewerbsverbot aus diesem Grund nichtig (BAG Urteil vom 18.01.00 9 AZR 929/98) und für beide Vertragspartner unwirksam. Ein Arbeitnehmer könnte selbst dann keine Entschädigung verlangen, wenn er sich an das Wettbewerbsverbot hielte. Ein Wettbewerbsverbot, welches nicht die erforderliche Schriftform wahrt ist, ebenfalls nichtig, was aus § 74 I HGB, § 125 BGB folgt.
Zwar ist ein Wettbewerbsverbot ohne Zusage einer Karenzentschädigung nichtig, aber: In einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 hat das Bundesarbeitsgericht eine Regelung zum Wettbewerbsverbot anhand der Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen geprüft. Es hat klargestellt, dass der Arbeitsvertrag selber keine Zusage einer Karenzentschädigung enthalten muss, sofern dort auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff HGB verwiesen wird. Zu einen seien die gesetzlichen Regelungen ausreichend detailiert genug und zum anderen könne sich der Verwender der Klausel (hier der Arbeitgeber) nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Klauseln berufen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.6.2006, 10 AZR 407/05). Bei einem aus fixen und variablen Bestandteilen zusammengesetzten Vergütung reicht die Zusage eines halben Monatsgehalts und die ergänzende Bezugnahme auf die Vorschriften des HGBs aus (BAG, Urteil vom 09.01.1990, 3 AZR 110/88). Aus Sicht des Arbeitgebers ist jedoch unbedingt auf eine klare Formulierung zu achten. Denn Unklarheiten führen nach den Regeln der allgemeinen Geschäftsbedingungen möglicherweise zu einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot bzw. es kann sich im Streitfall der Arbeitgeber nicht auf unklare unklare Wettbewerbsverbot berufen (LAG Hamm, Urteil vom 23.03.2010, 14 SaGa 68/09).
Unverbindliches Wettbewerbsverbot - Wahlrecht des Arbeitnehmers
Ein Wettbewerbsverbot kann aus unterschiedlichen Gründen unverbindlich sein, insbesondere bei Fehlen einer ausreichenden Karenzentschädigung. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall ein Wahlrecht. Er kann sich an das Wettbewerbsverbot halten und die Karenzentschädigung fordern; er darf aber auch das Wettbewerbsverbot unbeachtet lassen. In diesem Fall besteht kein Anspruch auf die Karenzentschädigung.
Zeitlicher Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots
Ein Wettbewerbsverbot gilt - wenn keine abweichenden Vereinbarungen getroffen worden sind - vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.6.2006, 10 AZR 407/05). Allerdings kann vereinbart werden, dass das Wettbewerbsverbot erst zu einem späteren Zeitpunkt gelten soll, etwa wenn die Probezeit beendet worden ist.
Verzicht auf das Wettbewerbsverbot
Im laufenden Arbeitsverhältnis kann der Arbeitgeber jederzeit gegenüber seinem Arbeitnehmer auf das Wettbewerbsverbot verzichten, allerdings führt dieses nicht sofort zum Wegfall der vereinbarten Karenzentschädigung. Es gilt eine Jahresfrist. Aus Sicht des Arbeitgebers empfiehlt es sich daher, von Zeit zu Zeit Wettbewerbsverbote daraufhin zu überprüfen, ob sie noch erforderlich sind oder möglicher Weise entwertet wurden, weil der Arbeitnehmer einen neuen Einsatzbereich erhalten hat. Die Verzichtserklärung des Arbeitgebers bedarf der Schriftform, § 75a HGB.
Rechtsprechung
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Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots im Vorvertrag, Unverbindlichkeit, Schriftform bei Gesamturkunde (Wettbewerbsverbot als Anlage zum Vertrag) BAG, Urteil vom 14.07.2010, 10 AZR 291/09 |
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Vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot Zur Abgrenzung von verbotenem Wettbewerb /bloßer Vorbereitungshandlung BAG, Urteil vom 26.06.2008, 2 AZR 190/07 |
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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Aufhebung des Wettbewerbsverbots und Verlust der Karenzentschädigung durch gerichtlichen Vergleich BAG, Urteil vom 22.10.2008, 10 AZR 617/07 |
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Zur Unwirksamkeit wegen Unklarheiten bei wiederholtem Wettbewerbsverstoß BAG, Urteil vom 14.08.2007, 8 AZR 973/06 |
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Zur Berechnung der Karenzentschädigung und zum Beginn eines Wettbewerbsverbots LAG Hamm, Urteil vom 23.03.2010, 14 SaGa 68/09 |
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